22.01.18 Raus aus Warteschleifen und Echokammern
Leserbrief an BBZ zur Diskussion um die
Stadtentwicklung
Rot markiert der von der Zwiesler Redaktion ohne Angabe von Gründen gestrichene Text
„Stadt“, das war zu allen Zeiten der Ausdruck
von wirtschaftlichem Leben, von Hektik, Lärm, Gedränge, Action eben. Dann
befiel irgendwann in den Neunzigern eine Art gedanklicher Virus manche Köpfe,
der wollte die Stadt als Ruhezone – um sie zu beleben! Was war geschehen?
Der Fernverkehr war
umgeleitet und floss nun an der Stadt vorbei, nicht so nah an der Stadt und zum
Einkaufen einladend, wie es etwa die Freyunger geschafft haben. Und so zogen
die Handelsketten an den Ortsrand, um doch noch den böhmischen Verkehr
abgreifen zu können. Folge: Die Innenstadt blutete aus und es entstand eine Art
innerörtlicher Fernverkehr, um die Einkaufszentren an der Peripherie zu
erreichen, denn in einigen Ortsteilen gibt es überhaupt keine
Versorgungseinrichtungen mehr. Warum sich die Geschäftsleute am Stadtplatz es
sich gefallen ließen, dass sie systematisch ausgehungert wurden, in denen man
ihnen die Parkplätze wegnahm, das muss man sie wohl selber fragen, so sie
überhaupt noch existieren. Ich erspare uns bewußt einen Abstecher in den
Fuzo-Wahnsinn vor zwanzig Jahren, denn wir kommen nie weiter, wenn wir nicht
nach vorne schauen. Akutversorgung heißt: Kurzzeitparkplätze auf dem
Stadtplatz, bevor der letzte Gewerbetreibende das Handtuch wirft. Dann als
gedankliche Anregung: eine touristisch attraktive neue „Klammer“ vom Stadtplatz
zum Arberzentrum, eine Art Biergarten mit Handwerksbetrieben und
Dauermarktständen für regionale Erzeuger in der Pfarrer-Neun-Straße.
Gleichzeitig die Hebung der verbliebenen baulichen „Schätze“, dem alten
Nirschl-Hof, dem alten Brunner Haus und den Kellergewölben des Deutschen
Rheins! Alle warten nur darauf, wachgeküsst zu werden. Und auch das hässliche
Kriegerdenkmal könnte Abriss und Neuinspiration vertragen. Und alles weitgehend
ebenerdig, was ein unschätzbarer Standortvorteil ist. Wir haben alles vor der
Nase und doch hängen wir politisch in Warteschleifen und Echokammern fest.
Neulich fiel mir auf, dass im Wort Zwiesel zwei Esel stecken – Zwi Esel. Lasst
sie uns einspannen!
Fussnote: Kriegerdenkmal
Zwiesels altes Kriegerdenkmal steht heute in Bärnzell, es stellt einen erschöpften Soldaten dar, der mit gesenktem Kopf und bloßem Oberkörper, ganz offensichtlich entmutigt und seelisch gebrochen, irgendwo Halt sucht. Es war für mich ein Denkmal im guten Sinn, da es zum Denken über die Barbarei des Krieges anregte.
Dies passte wohl nicht recht in die Zeit der Wiederbewaffung und des Nato-Beitritts, da mußte etwas Trutziges her, an dem man wieder sauber mit Fakeln zackig aufmarschieren konnte. Das neue Zwiesler Kriegerdenkmal aber schlug an Hässlichkeit alles, was ich seither irgendwo gesehen hatte: eine gleichförmige Granitmauer, aus ebenmäßigen Blöcken, die etwa den Anschein einer Burg erwecken soll, mit dem Charm einer Urnenwand und Nullgehalt an "Denk-Mal".
Aber für die Vasallenarmee der Amis, dem aggressivsten Militärbündnis der Welt, war diese Geschmacklosigkeit in Granit ein gerne angenommener Hintergrund um Aufmärsche und Vereidigungsklimbim abzuhalten. Da passen keine erschöpften, ausgemergelten, ausgenutzten Soldaten.
Wie ich mir ein Kriegerdenkmal vorstelle? Na ja, entweder wie das alte in Bärnzell oder als eine Skulptur, die einen geschundenen Menschen zeigt, auf den von vorne und von hinten Gewehre gerichtet sind, oder einen Heizer mit einer breiten Schippe, der Menschen in ein Feuer schaufelt, während sich deneben die internationale Hochfinanz zuprostet.